Fachpersonen der mentalen Gesundheit - die Hüter:innen des Gleichgewichts der Klient:innen
Als Psychotherapeut:innen und Fachpersonen der mentalen Gesundheit fragen wir unsere Patient:innen im Rahmen jedes Treffens, wie es ihnen geht. Burnout-Prophylaxe und mentale Stärkung, um psychische Störungen zu verhindern, sind Themen, die uns täglich im beraterischen und therapeutischen Kontext begegnen. Wir vermitteln unseren Patient:innen, dass die Psyche einen grossen Einfluss auf unsere Gesundheit und auf unser Wohlbefinden hat. Da fällt das Wort “Psychohygiene” schnell einmal.
Letzteres kann dann stattfinden, wenn ein Mensch seine Bedürfnisse, seine Wünsche und Ressourcen kennt, diese ernst nimmt und diese auslebt. Denn nur wenn ich meine eigene Psychohygiene kenne und verstehe und nur, wenn ich ihr im Leben einen Platz einräume, kann ich meiner Seele Gutes tun. Wenn Psychohygiene gepflegt wird, dann liegen Selbstfürsorge, Seelenpflege, Ruhe, Stärkung des mentalen Geistes als Lösungsansätze auf der Hand. Und Selbstfürsorge, im Englischen auch oft “selfcare” genannt, bedeutet nicht nur körperliche Fitness, sondern sie fasst körperliche und seelische Aspekte zusammen. Bekanntermassen wirken sich Bewegung, gesunde Ernährung, Schlaf und Regeneration positiv auf die Gesundheit aus. Oftmals - gerade in hektischen Zeiten - weisen wir Ratsuchende darauf hin, dass auch unsere Psyche gepflegt werden muss.
Sich um die eigene Psyche zu kümmern, hört sich für manche Personen abstrakt an.
Unsere Aufgabe in der Beratung und in der Psychotherapie ist es, mit unseren Klient:innen ihren Lebensstil und ihre Lebenseinstellungen zu analysieren.
Wir hinterfragen, wie sie besser zu sich Sorge tragen
Wir definieren ihre Stärken und Schwächen und befähigen sie, diese anzunehmen
Wir unterstützen sie darin, sich zu loben, die eigene Leistung anzuerkennen und finden den Weg zu ihrer Dankbarkeit
Wir fördern die Vereinbarkeit von Beruf und Leben und üben, dringend notwendige Grenzen zu erkennen und zu ziehen
Wir vermitteln Techniken der Achtsamkeit, wie Yoga, Meditation und progressive Muskelrelaxation
Wir verweisen auf Beschäftigungen, die Stress abbauen, wie basteln, kochen, bewegen und mit Menschen in Kontakt treten
Wissenschaftliche Studien belegen, dass Psychohygiene Erschöpfungserscheinungen und Burnouts vorbeugt. Hält jemand seine Psyche fit, ist er zufriedener, leistungsfähiger und gegenüber Krisen widerstandsfähiger. Wer sich aber erst während der Krise mit der mentalen Gesundheit befasst, hat hingegen einen schwierigeren Stand.
Selbstfürsorge - auch eine Pflicht für Fachpersonen
Nehmen wir nun einen Perspektivenwechsel vor: Wie steht es um die psychische Gesundheit von Psychotherapeut:innen, Psycholog:innen und anderen Fachpersonen der mentalen Gesundheit? Schliesslich vermitteln sie die zuvor beschriebene Theorie und erarbeiten diese mit ihren Klient:innen. Die psychische Gesundheit von Psychotherapeutinnen ist Risiken ausgesetzt und kann zu Beeinträchtigungen der therapeutischen Arbeit führen. Aktuell sind Fachpersonen der mentalen Gesundheit sehr gefragt und die Wartelisten lang. Gerade selbständige Psychotherapeuten haben so viel zu tun wie nie zuvor und wollen ihren Patient:innen rasch helfen, um Chronifizierungen vorzubeugen.
Studien belegen: um die psychische Gesundheit von Psychotherapeut:innen steht es eher schlecht. Kontraintuitiv, aber wahr: Ihr breites Fachwissen schützt sie nicht vor eigenen psychischen Erkrankungen. Simpson konnte in einer jüngst publizierten Studie darlegen, dass jede zweite Fachperson Gefahr läuft, ein mittlere bis hohe Erschöpfung zu entwickeln. Simionato & Simpson nennen in einer weiteren Studie Burnout als häufigste Ursache der Berufsunfähigkeit von Psychotherapeut:innen. Reis, Schröder und Schlarp belegen mit einer beeindruckenden Stichprobengrösse von über 700 Psychotherapeut:innen, dass 45% eine große emotionale Erschöpfung erleiden und gar weitere 30% von einem reduzierten subjektiven Wohlbefinden sprechen. Weitere Autoren kamen bereits 2002 zum Schluss, dass beachtliche 62 % als depressiv eingestuft werden konnten. Rund die Hälfte dieser haben suizidale Gedanken.
Die Resultate dieser Studien sind alarmierend und verdeutlichen die Relevanz von Selbstfürsorge unter behandelnden Fachkräften. Für den Mangel an Selbstfürsorge in diesem Berufsstand gibt es viele Gründe. Die hohe Belastung einerseits - schliesslich sind Beratung und Therapie mental herausfordernde und anspruchsvolle gesellschaftliche Aufgaben. Aber das alleine erklärt es nicht. Auch in anderen Berufen treffen Fachpersonen auf herausfordernde Hürden. Warum können Fachkräfte für mentale Gesundheit die erlernten und angewandten Theorien nicht auf sich übertragen?
Abgrenzung gegenüber den Klient:innen stärken
Selbstverständlich spielen personelle Faktoren bei Burnout eine grosse Rolle. Trotzdem bleibt das Risiko für Burnout unter Fachkräften der mentalen Gesundheit überdurchschnittlich hoch im Vergleich zu anderen Berufen.
Ein möglicher Grund dafür ist die für den Behandlungserfolg relevante Empathie und die damit verbundene Herausforderung, sich nach der Behandlungssituation wieder abzugrenzen. Empathie ist ein wichtiges Instrument in der Therapie: sie bildet eine Basis der therapeutischen Beziehung. Wir begegnen den Patienten wertschätzend und offen. Nur wenn diese Offenheit für die Anliegen der Patient:innen da ist, kann dieses Gefühl von Sicherheit entstehen. Patienten begegnen uns in der Therapie mit intensiven emotionalen Bedürfnissen, erzählen von Schicksalschlägen und erwarten rasche Unterstützung. Und nun zur Herausforderung: der Einblick in das Seelenleben der Patienten und der Aufbau einer Beziehung zwischen Therapeut und Patient:in hinterlassen Spuren. Oftmals sind diese Spuren erfüllender Natur, da wir mittels der psychotherapeutischen Beratung die mentale Gesundheit der Patient:innen stärken. Entfaltet sich eine derart positive Auswirkung unserer Tätigkeit, beflügelt das.
So notwendig die Empathie für eine erfolgreiche Therapie auch ist, so fördert sie auch das Aufflammen der eigenen Biografie, des eigenen Menschen- und Selbstbilds, der eigenen emotionalen und kognitiven Schemata, der eigenen Befindlichkeit der aktuellen Lebenssituation und der persönlichen Lebensstrategien. Aus diesem Grund müssen wir Therapeut:innen uns emotional abgrenzen, damit die intensiven Schilderungen nicht nachwirken. Der Schutz dient aber nicht nur unserem Selbst. Auch unseren Klient:innen gegenüber tragen wir die Verantwortung, standzuhalten und ausdauernd zu sein. Dies kann nur geschehen, wenn auch wir ökonomisch mit unseren Ressourcen umgehen. Gelingt uns diese Abgrenzung nicht, wird die Arbeit mit den Patient:innen zur Belastung. Die Folge: Erschöpfungsreaktionen bis hin zu Burnout.
In einem vernetzten Umfeld unter Gleichgesinnten sich Halt geben und Gemeinschaft fördern
Ist es schon länger her, dass du dich gefragt hast, wie es dir geht und unternimmst du für deinen seelischen Ausgleich weniger, als du deinen Patient:innen suggerierst? Bearse stellt bereits im Jahr 2013 fest: behandelnde Fachkräfte setzen die Bedürfnisse ihrer Klient:innen vor den eigenen und reagieren zögerlich auf professionelle Unterstützung.
Genau aus diesem Grund ist das richtige Umfeld sehr wichtig. Studien belegen, dass das Risiko für Burnout von Fachpersonen in einem positiven und auffangenden Arbeitsumfeld minimiert werden kann. Im Zentrum eines gesundheitsfördernden Settings steht der Zugang zu sowohl Super- als auch Intervision. Aber nicht nur der fachliche, sondern auch der soziale Austausch unter Gleichgesinnten im Rahmen einer Community fördert die mentale Gesundheit von Fachpersonen, denn gemeinsam und begleitet lässt sich Selbstfürsorge und Achtsamkeit einfacher reflektieren und umsetzen.
Und genau da setzt WePracice an. In unserer Praxisgemeinschaft schaffen wir ein Arbeitsklima, in dem der soziale Austausch, die fachliche aber auch persönliche Weiterentwicklung im Zentrum stehen. Dank unserer Angebote an Weiterbildungen und unserer Plattform schaffen wir eine schweizweit erste Community von Fachkräften der mentalen Gesundheit - mit dem Ziel, langfristig gesunde Fachkräfte mit Ratsuchenden zu vernetzen, um die psychische Gesundheit der Schweizer:innen zu fördern.
Unsere nächste akkreditierte Weiterbildung für Mitglieder:innen sowie für extern interessierte Psychotherapeut:innen, Psycholog:innen und Fachpersonen der mentalen Gesundheit thematisiert die innere Ruhe, Stärke und Wohlbefinden mit dem Fokus auf die berufliche Regeneration und Selbstfürsorge für Psychotherapeut:innen und Berater:innen. Das Seminar soll behandelnden Fachpersonen im Umgang mit schwierigen Beratungsaufträgen und Therapiesituationen unterstützen. Wir stellen Abgrenzung in den Fokus, weil wir in unserer Arbeit emotional investiert sind. Zu guter Letzt lernen wir Techniken der Psychohygiene und Burnout-Prophylaxe im Sinne einer nachhaltigen Selbstfürsorge kennen.
Das Seminar findet im Kongresszentrum Kreuz in Bern statt und soll einen Beitrag zur Steigerung der professionellen Lebensqualität und Effektivität von Berater:innen und Therapeut:innen leisten. Und zu guter Letzt: es ist der Austausch zwischen Psychotherapeut:innen, Psycholog:innen und Berater:innen, der im Zentrum unseres Anlasses steht.
Bist du mit dabei am 31. Mai 2023 in Bern? Wir würden uns über zahlreiches Erscheinen freuen! Gerne nehmen wir eure Anmeldungen über hello@wepractice.ch entgegen.