Es steht schlecht um die psychische Gesundheit unserer Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Laut eines Tagesanzeiger-Artikels Mitte April ist die psychische Gesundheit der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Schweiz besorgniserregend. Wie auch Katja Schönenberger, Geschäftsführerin von Pro Juventute, in einem erst kürzlich erschienen Radio-Interview erklärt: Kriege und Krisen haben viele andere Generationen erlebt, aber die Aussichtslosigkeit, welche die Klimadiskussion auslöst, in Kombination mit dem Vergrösserungsglas, das die sozialen Medien sicherstellen, malt ein nahezu apokalyptisches Bild. Dieses braucht Einordnung.
Insbesondere Jugendlichen und jungen Erwachsenen fehlen die Instrumente dazu und Corona hat in diesem Kontext ebenfalls seine Spuren hinterlassen und sie in dieser Entwicklung gehindert. Eine Auswertung von Santésuisse zeigt beunruhigende Erkenntnisse über die steigenden Ausgaben bei jungen Frauen. Ganze 20% aller Gesundheitsausgaben dieser Altersgruppe sind auf die psychische Gesundheit zu verbuchen. Tendenz steigend. Bei Männern sind es stabilere 16% geblieben.
Angst vor Mengenausweitung seitens Santésuisse
Ein Versorgungsengpass kombiniert mit einer neuen Finanzierung, die Psychotherapeut:innen in Ausbildung von der Versorgung ausschliesst - auch dieses Bild ist störend. Während Personen in Ausbildung noch vor dem 1. Juli letzten Jahres vergütet wurden, lässt die neue Regulierung nun Spielraum für Interpretation. Insbesondere der Krankenversicherungsverband Santésuisse - genau jener, der sich noch vor wenigen Tagen in den Medien besorgt um die psychische Gesundheit von jungen Frauen äusserte - stellt sich hier aber quer und fordert das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf, die Verordnung klarer zu beschreiben. Der Verband fürchtet eine Mengenausweitung in einem eh schon strapazierten und kränkelnden Gesundheitssystem. In der Tat steht in der Verordnung nichts von Therapeut:innen in Ausbildung, weshalb Santésuisse nun das Bundesverwaltungsgericht auffordert, die Lage rechtlich ein für alle Mal zu klären.
BAG nimmt Stellung - Rechtslage bleibt dennoch unklar
Lange hat das Bundesamt für Gesundheit sich nicht zur Angelegenheit äussern wollen. Und nun doch. Am 28. März 2023 verschickt das BAG ein Informationsschreiben an alle Versicherer. Obwohl das Schreiben keinen bindenden Charakter hat, ist die Haltung klar. Psycholog:innen in Ausbildung sollen im Rahmen des KVG vergütet werden können. Zwar sieht das Gesetz vor, dass in der Grundversicherung zugelassene Leistungserbringer:innen die verrechneten Leistungen auch selbst erbringen. Aber nach Ansicht des Bundesrates und des BAGs dürfen zugelassene Leistungserbringer:innen, Personen in Weiterbildung unter Aufsicht und in Anstellung in Anspruch nehmen und abrechnen. Diese Praxis ist mit Pflichten verbunden, argumentiert das BAG weiter. Es ist in der Verantwortung der anstellenden Leistungserbringer:innen zu überprüfen, dass die von den angestellten Leistungserbringer:innen erbrachten Leistungen wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich sind. So zumindest die Intention der Verordnung. Schwarz auf weiss ist das nun nur in einem Informationsschreiben - eben ohne rechtlich bindenden Charakter.
Nachdruck im Parlament durch Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK)
In ihrer Motion (parlamentarischer Vorstoss) vom 27. April 2023, adressiert an den Nationalrat, verlangt die SGK, die Rechtsgrundlagen für die Leistungen der Psycholog:innen in Weiterbildung endgültig zu schaffen und diese in der Krankenpflege-Leistungsverordnung (KLV) zu verankern.
Konkret fordert die Kommission die Rechtsgrundlage so anzupassen, dass z.B. Artikel 11b KLV um einen Absatz 5 ergänzt wird, der wie folgt lauten könnte: "Leistungen, die während der Dauer des Erwerbs der klinischen Erfahrung im Sinne von Artikel 50c Buchstabe b KVV erbracht werden, sind den Leistungen nach Absatz 1 gleichgestellt. Die Leistungen werden der Versicherung von der für die klinische Praxis verantwortlichen Betreuungsperson oder Institution in Rechnung gestellt."
Die Föderation der Schweizerischen Psychologinnen und Psychologen FSP und H+ Die Spitäler der Schweiz begrüssen den Vorschlag in einer offiziellen Medienmitteilung und fordern das Parlament darin auf, die Initiative zu unterstützen.
Wir sind gespannt, wie es weitergeht und werden weiter über die neuesten Entwicklungen berichten.
(Stand der Informationen: 3. Mai 2023)